Sexuelle Uebergriffe unter dem Applaus der Stadt

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Lieber A., ich hatte Ihnen berichtet von den sehr unmittelbar physischen Uebergriffen. Von der Situation im Kino etwa, wo man, ich weiss nicht wie, jedoch staendig unter der Suggestion in einem BigBrother Kontainer zu leben, dem die ganze Stadt als Spektakel beiwohnt, unmittelbar physisch staendig meine Geschlechtsorgane bestrahlte. Die direkt sexuellen Uebergriffe beschraenken sich jedoch bei weitem nicht auf diese Begebenheiten, denn diese sind ihrerseits in ihrer Effektivitaet und subjektiven Wahrnehmung, sie sind bis in das unzweideutige koerperliche Empfinden hinein, das, ich hatte davon gesprochen, wie der Schrebersche Koerper vollkommen zerstueckelt wird, bedingt und verzerrt durch das Setting, das den eigentlichen Rahmen der Wirksamkeit bildet und aus dem ich Jahre nicht mehr entlassen werden sollte: der Einrichtung einer Art BigBrother Container, der keinen Rueckzugsort duldet und jeden menschlichen Vorgang dem Applaus und Gelaechter virtuell einer ganzen Stadt praesentiert. Man wird nackt ausgezogen vor der ganzen Stadt. Es ist unmoeglich, sich dem zu entziehen. Bis zu welchem Punkt das Effekt der Suggestionen und Manipulationen und bis zu welchem Punkt es techno-medial eingerichtete Realitaet war, spielt fuer den Effekt kaum eine Rolle. Man wird vor der ganzen Stadt ausgezogen. Man laeuft nackt umher, wo an allen Orten weitere Uebergriffe warten. Man thematisiert kollektiv meine Geschlaechtsorgane und laesst mich von diesem Diskurs Kenntnis nehmen, wann immer es geht, in aller Beilaeufigkeit. Ob technisch eingerichtet oder suggeriert, es ist egal: denn die Destruktion der Personalitaet verlaueft ueber die Wirksamkeit des absoluten Blicks. Was der Blick ist, weiss man erst dann wirklich, wenn man von ihm derart auseinandergenommen wurde, weiss man erst, wenn das Panoptikum nicht nur in seiner mehr oder minder aktualisierten Latenz, in der wir alle leben, erfahren wurde, sondern zum unentrinnbaren Fokus scharf gestellt – unter dem Applaus virtuell der ganzen Welt, die von nun an nicht nur bei jedem privaten Gespraech anwesend ist, das es also nicht mehr gibt, sondern auf dem Klo, beim Duschen, beim Scheissen und Pissen.