Fruehjahr/Sommer 2018 #4 Staendige Manipulationen und Folter durch Schlafentzug
Ein Kapitel des Geschehens ist so unglaublich, dass ich es fast vor mir selbst verborgen haette in den ganzen Jahren. Jedenfalls habe ich niemandem, mit dem ich ansatzweise ueber dieses Geschehen zu sprechen versuchte, davon erzaehlt. Die Eigenheit eines derartigen Gaslightings, der zentrale Moment der totalen Herrschaft dieser Praxis, ist eben der, dass niemand die Dinge fuer glaubwuerdig haelt, aber man das Opfer wissen laesst, das man weiss oder wie in meinem Fall die Suggestion produziert, dass jeder davon weiss und mitmacht, was auf eine unbenennbar dunkle Phase der Depression und Ausweglosigkeit fuehrt. Tatsaechlich haette ich diese Dinge, bevor sie mir geschehen sind, niemandem geglaubt, der sei mir erzaehlt. Sie klingen mehr wie Episoden aus einem schlechten Film, der die perfiden Praktiken uebler Geheimdienste thematisiert, denn als Geschehnisse, die sich in demokratischen Gesellschaften abspielen koennten. Das glaubt niemand. Ich erzehle es Ihnen dennoch. Denn es war unzweifelhaft evident: es gab an verschiedensten Orten, auch in meiner Wohnung, diese Übergriffe, die in der Lage waren, meinen Körper und zwar Teile, den Kopf und die Geschlechtsorgane vor allem, in Hitze zu setzen, mein Denk- und Sprechvermögen zu verlangsamen, heftigste Kopfschmerzen auszulösen, die bei Abwendung aus einem je nur kleinen Bereich sofort wieder aufhörten. Das fand statt. Und niemand, der nicht Gefahr laufen will, eingeliefert zu werden, wird darüber sprechen. Ich sprach mit niemandem darüber – jahrelang. Doch das ist wirklich passiert. Mit diesen Mitteln und durch den Effekt des Wissens oder auch der staendigen Suggestionen, das ist für die subjektive Position, die dabei produziert wird, einerlei, in meinem Zimmer noch, auf dem Klo, im Bett überall unter totaler Beobachtung zu stehen und der Umstand, nirgends sonst eine Bleibe zu haben, trieb mich in den Schlafentzug. Tagelang kam ich nicht zum Schlafen. Ich rannte draußen umher, lief von Ort zu Ort, in der Hoffnung zu erfahren, was hier passiert. Der Schlafentzug, den ich noch naeher schildern werde, wurde bis zu dem Punkt getrieben, an dem es zur totalen Spaltung von Koerper und Bewusstsein kommt, bis zu dem Punkt, wo das Bewusstsein nur mehr eine schrill klirrende Wachheit ohne Inhalt ist. Man wird gegrillt.
In der Wohnung gab es ab diesem Zeitpunkt also ebenfalls diese Übergriffe auf meinen Körper, die sich allerdings auf etwa eine Woche beschränkten und mich vollends in den psycho-physischen Zusammenbruch durch Schlafentzug trieben. Die Effektivität dieser Foltermethode ist weithin bekannt. Bekannt ist auch, dass Schlafentzug in der Psychiatrie eingesetzt wird bei Depressionen und das Setting im Ganzen laesst keinen anderen Schluss zu als den, dass psychiatrisch geschulte Personen sich an diesen Vorgaengen beteiligten. Schlafentzug sieht von aussen harmlos aus, aber er bringt das Paradigma totalitaerer Gewalt und Folter zur deutlichsten Evidenz, er bringt in absoluter Klarheit eine Fundamentastruktur zur Geltung: naemlich den auf eine Punktualität reduzierten Einschnitt von Macht und Körper. Es ist der Punkt, wo die Verbindung von Körper und Wachen zur äußersten Identität oder eher Dissoziation gebracht wird. Es kommt zur Reduktion des wie aus dem Koerper heausgerissenen Bewusstseins auf ein schrilles Klirren, kein Schrei mehr, der Schrei nimmt noch Raum, das Klirren ist das Reduziertsein auf eine punktuelle Identität, aus dem Körper herausgerissene Wachheit. Man wird eingeschlossen in eine weiße, gleißende Kammer unentrinnbarer Wachheit.
Die Zeit der völligen Desorientierung, die Irre von einem Ort zum anderen, die in Wirklichkeit über Jahre nicht enden sollte, wäre eine eigene Erinnerungsarbeit wert, denn es war nicht zuletzt mein vollkommen desorientiertes Verhalten zwischen Panik und Manie in dieser Zeit, das es möglich machte, mich in der ganzen Stadt als Psychotiker und Schlimmeres zu verleumden, als gefährlichen Irren, den man psychiatrisch einhegen muss, was Entrechtung und Freigabe für die heftigsten Misshandlungen, Manipulationen, Entwürdigungen ermöglichte. Ich lief umher in der Stadt. Alles wurde zum Zeichen, Zeichen, das womöglich einen Anhalt geben könnte, was hier vor sich geht, Zeichen, das vielleicht zu einer Auflösung der Situation führen könnte. Ich lief von Ort zu Ort, von Veranstaltung zu Veranstaltung. Zwischen Panik und Manie. Ich versuchte die Angst weg zu tanzen, betrank mich jeden Abend. Doch an diesen Orten wurde alles zur Szene: durch Bemerkungen, merkwürdig auf Details aus meinem Leben bezugnehmende Gespräche mit Menschen, die mich nicht kannten: Austestungen, Täuschungen bis hin zu sexualisierten Übergriffen an allen Orten.
Mein Körper war in extremer Weise durchlässig geworden. Jede Situation – es sind oft nur kleine Verrückungen, die es bemerkbar machten, dass der Blick der Einschließung anwesend ist – führte jetzt zur Entbindung des ansonsten leiblich-psychisch gebundenen Genießens. In der paranoiden Position genügt ein Blick – ob intendiert oder nicht spielt keine Rolle mehr, lässt sich nicht mehr eingrenzen, wenn jeder sensorische Filter gebrochen ist, das gesamte neuro-sensorische System gerät in höchste Alarmbereitschaft, wird hypersensibel fast übersinnlich empfindsam -, genügt ein subtiler Appell, eine kleine Verrückung in der Konstellation alltäglich scheinender Situationen und mein Körper löste sich auf in völlig entbundener jouissance – ich verbrannte dann jedes Mal regelrecht darin, es war kein körperlich lokalisiertes Genießen, sondern mein Körper wurde aufgelöst in dieser Entbindung: a blaze of patrol hat Lacan diesen äußersten Moment der Auflösung des Körpers in jouissance sehr treffend in Seminar XVII beschrieben. Man wusste das oder hat es irgendwann bemerkt und sich ein Spaß daraus gemacht. Jeder fühlte sich bemüßigt mich zu penetrieren und sich daran zu erfreuen.
Aber vielleicht versuche ich die Geschichte bis zum Schlafentzug und zum vollstaendigen psycho-physischen Zusammenbruch noch einmal von vorne zu erzaehlen.
Kurz nach der Ankündigung der Podiumsveranstaltung mit einer lacan-marxistischen feministischen Theoretikerin werde ich von allen möglichen Menschen und Gruppen von Menschen abgecheckt. Zunächst beginnt ein unglaubliches Gossip in der ganzen Stadt loszubrechen. Die ganze Stadt beginnt mich anzustarren. Ich sitze oft, da ich es in meinem Zimmer nicht ertrage, in Cafés, um zu arbeiten. Irgendwelche Männer setzen sich zu mir an den Tisch, verwickeln mich in Gespräche, machen sexistische Bemerkungen. Wohl, wie ich mir heute denke, um zu sehen, ob man mich auf dieser Ebene verleumden kann. Doch das war gar nicht nötig. Es begann schon, es war schon vollbracht, bevor es anfing. Man beginnt mich auszutesten, zu provozieren. Frauen stellen sich neben mich und beginnen sich zwischen den Beinen zu reiben. Überall, wo ich bin, tauchen nun Menschen auf, die mich offensichtlich kennen. Beständig werde ich mit sexualisierten Gesten konfrontiert. Ich versuche diese Dinge anzusprechen bei einigen Leuten aus der Gruppe, die das Festival vorbereiten, doch entweder wissen sie nichts davon, oder sie lügen mir ins Gesicht.
Ich sitze in meinem Zimmer, ich habe bereits damit begonnen, meine Fenster zu verdunkeln. Die paranoide Situation, die sich mit jedem Tag verstärkt, lässt sich kaum noch in ihren stimmungsmäßigen Effekten kontrollieren. Die Angst und Übereregung, die, wenn ich mich entschließe, die Angst wegzutanzen oder mich irgendwo zu betrinken, in manische Stimmungen umschlägt, bringt mich dazu, wenn ich mich in meiner Wohnung aufhalte, immer häufiger zu masturbieren, um wenigstens einen Moment der Angst und Übererregung infolge des ungreifbaren Geschehens, Gemurmel, beständiger Appelle und Übergriffe Heer zu werden. Ich beginne immer häufiger Pornos zu schauen, konzentriert zu arbeiten wird mir immer schwerer unter der heftigen Angst, Aufregung und Übererregung. Wie angestochen laufe ich von Ort zu Ort und an jedem Ort werde ich konfrontiert mit sexualisierten Übergriffen und Bezugnahmen auf meine Geschichte, später auf Chats oder Inhalte aus meiner Arbeit. Vermutlich hatte man da schon Zugriff auf mein System. Vielleicht hat man gefilmt, wie ich mir Pornos oder anderweitige Seiten mit sexuellen Inhalten ansah und sie in anonymen Chats oder Ähnlichem zirkulieren lassen.
All die Szenen zu erinnern, ist müßig, es reicht einige exemplarisch herauszuziehen, um zu verstehen, dass sie wie Dominosteine sich aneinanderreihten, die mich erfolgreich immer weiter in den Wahnsinn trieben; ein Stein fällt in den anderen bis zum vollständigen psycho-physischen Zusammenbruch. Szenen wie diese etwa: ich sitze im Café, es ist heiß, es kommen Menschen herein und setzen sich an verschiedene Tische mit Winterjacke, Schal und Handschuhe. Oder diese, die besser noch geeignet ist, die Vereinnahmung meiner gesamten Denktätigkeit zu illustieren, denn es waren immer die Szenen, die irgendwie Bezug nahmen auf meine philosophische Auseinandersetzung, die mich am nachhaltigsten einnahmen und von der Einsicht abhielten, um was es hier geht. Ich versuchte nämlich die Übererregung so weit es irgendwie ging in meine Arbeit zu investieren. Die Wege meines Arbeitens sind dabei zum Schirm geworden, zur Blende, zu Abwehr und Verführung des allgegenwärtigen Blicks. Das Arbeiten wurde zur Abwehr selbst, zum verbissenen Festhalten auch an der Fantasie, dass es hier um etwas anderes gehen könnte als um meine Entmenschlichung. Ich beschäftigte mich also gerade mit Lacans Konzeption der Heraufkunft eines neuen Signifikanten. Die Idee ist, dass nach einer Zeit der Entgrenzung des Sprechens und der im frei assoziierenden Sprechen sich freisetzenden jouissance es in der Analyse zu einem Moment der Schöpfung kommen kann, wo ein unsinniger Signifikant heraufkommt, der in der Lage ist, die Haftung am Automatismus zu unterbrechen und eine neue Konfiguration des Genießens zu bewirken. Lacan nimmt mit diesem Konzept die Konzeption der Vatermetapher wieder auf, verschiebt sie nur stärker in Richtung dieses Fehlens, dieser Kluft, ein paradoxer Term, der die Kluft selbst zugänglich macht, indem er ablöst von der Kette des Wissens: der von der Welt und vom Wissen abgetrennte Partner des anderen Genießens. Die Vatermetapher ist schon früh wesentlich für die Möglichkeit radikaler Separation inmitten der andrängenden Flut. Lacan evoziert die durchgreifende Wirkung der Heraufkunft eines unsinnigen Signifikanten, der in der Lage ist, in die Automatismen der unbewussten Denkarbeit zu intervenieren, in einer Besprechung von Racines Drama Athalia am Term der Gottesfurcht in seinem Psychosenseminar. : Term, der das Subjekt (leer) impliziert und aus der hektisch arbeitenden Kette ausnimmt: „Jener, der das Rasen der Fluten im Zaum hält, Vermag auch den Ränken der Bösen Einhalt zu gebieten. In Ehrfurcht seinem heiligen Willen unterworfen, Fürchte ich Gott, lieber Abner, und habe sonst keine Furcht.“ Ich schrieb am Tag vor der Szene eine kleine Celansche Bemerkung zum Begriff des „Il y a de l’Un“, der mir zuerst in Alenka Zupancics What is Sex begegnet war. Der Terminus und seine radikal separierende Wirkuung erinnerte mich an Celans Wendung aus seiner berühmten Büchnerpreisrede: ‚Il y a de l’Un‘ schreibe ich: ‚das Wort, das den Draht zerreißt‘. Ich sitze also im S., eine Kneipe in unmittelbarer Nähe zu meiner Wohnung und eine Zeit lang Treff der linken Szene, in der ich fast jeden Abend sitze, um dem erdrückenden Gefühl der Isolation zu entgehen. Ich versuche zu lesen, habe den Prosaband von Celan dabei, in dem auch die Büchnerpreisrede und das Gespräch im Gebirg abgedruckt sind, die ich noch einmal nachlesen wollte, aber es klappt nicht. Ich bin viel zu aufgewühlt. Damals war mir noch nicht klar, dass der Weg ins Gebirg mein Weg werden würde: Eingeschlossensein in eine falsche Sprache. Mir war nicht klar, dass die Ausstoßung aus der Möglichkeit der Erfahrung von Dauer wäre. Diese Nicht-Erfahrung im „Schleier“, der alles umgibt in Folge enstubjektivierender Gewalt und Eingeschlossensein in eine Welt der Lüge, Täuschung und Manipulation, des Ausschlusses aus der Mitteilbarkeit ueberhaut, die auch jede irgendwie mimetische Naturerfahrung unterbindet. Es ist die Erfahrung der Unmöglichkeit der Erfahrung, die Ausstoßung aus der Wahrnehmung, der mimetischen Bezüglichkeit von Leib und Welt in Folge einer vollstaendigen Absorbtion in den paranoiden Raum der sinnlosen Geltung: alles wird fremd, ekelhaft fremd. Die Bäume, das Licht in den Blättern, die Landschaft, der Himmel: alles verschlossen. Ausgestoßen/eingeschlossen von den Menschen verschließt auch die Natur sich vor dem, der zum Herumirren in einem unzugänglichen Außen verurteilt ist. Alles da und nicht da, weder verborgen noch unverborgen – unbezüglich, fremd, Außen ohne Innen, Ausschluss aus der Möglichkeit jeden Aufenthaltes. Das Gebirge im Schleier: „Es hat sich die Erde gefaltet hier oben, hat sich gefaltet einmal und zweimal und dreimal, und hat sich aufgetan in der Mitte, und in der Mitte steht ein Wasser, und das Wasser ist grün, und das Grüne ist weiß, und das Weiße kommt von noch weiter oben, kommt von den Gletschern ….“ Es war auch ohne Intention eine Initiation in ein Wissen, das, wie ich jetzt besser weiß, kein mitteilbares Wissen ist, sondern eine Position diesseits der Möglichkeit der Mitteilung; die Mitteilung findet gewiss kein Verstehen, sondern trifft allein auf fortgesetzte Abwehr: der Andere in seiner Nacktheit erschrickt und evoziert die nächste psychiatrisierende Maßnahme und, wenn das alles nichts hilft, den nächsten vernichtenden Schlag. „Ich mache darauf aufmerksam, daß Kain, als er sich mit Abel auseinandersetzen will, zu ihm sagt: ‚Laß uns hinausgehen‘, so als ob er wüßte, daß das Draußen der Ort Abels ist, aber auch als ob er ihn zurückführen wollte zu jener Armseligkeit, zu jener Schwäche des Draußen, wo jede Abwehr zusammenbricht.“ (Blanchot, Das Unzerstörbare, S.113)
Der jüdische Philosoph Emmanuel Levinas hat diese extreme Position nicht nur zum Thema seines zweiten Hauptwerkes gemacht, sondern auch in einem Text zu Celan versucht als universalen Gehalt des Judentums zu explizieren, an den Celan anknüpfe im Gespräch im Gebirg: „in den Augen des Dichters“, so Levinas, stellt das Judentum „eine extreme Möglichkeit – oder Unmöglichkeit – der Menschheit dar […]“. Bruch mit dem Sein, ethische Orientierung, die sich hält noch in der Erfahrung eines Außen ohne Innen, wie Blanchot die Ordnung des Exils jenseits der Möglichkeit der Kommunikation im Horizont des Seins formuliert: „Ein Aufplatzen der Welt, die, um die Nacht zu verbringen, keinen Ruheplatz mehr, sondern nur Steine bietet, gegen die der Stock des Wanderers stößt, der in metallischer Sprache erklingt. Eine Schlaflosigkeit im Bett des Seins, ohne auch nur die Möglichkeit, sich zusammenzurollen, um zu vergessen. Ausgestoßenwerden aus der ‚Weltlichkeit der Welt‘, Nacktheit dessen, der alles, was er besitzt, nur geliehen hat, bar jeden Naturgefühls. […] ‚Aber sie, die Geschwisterkinder, sie haben … keine Augen‘, oder, genauer gesagt, ein Schleier vor den Augen verhindert das Erscheinen irgendeines Bildes.“ (Levinas, Eigennamen, S. 62).
Ich bin fast allein in der Kneipe, desorientiert zwischen Panik und Erwartung. Nur eine junge Frau kommt herein und setzte sich. Sie lächelte in ihr Handy und fängt mit zynischem Unterton an zu sprechen: „Wow, hast du gesehen: Il y a de l’Un, das Wort, das den Draht zerreißt.“
In den Tagen nach der ersten Begegnung mit M. im Park waren es nicht mehr nur Szenen wie diese, denen ich ausgesetzt wurde, sondern es kam auch zu körperlichen Übergriffen in meiner Wohnung. In einer Woche, in der merkwürdigerweise alle Menschen, mit denen ich in etwas näherem Kontakt stand, aus der Stadt verschwunden waren, wurden die körperlichen Übergriffe in meiner Wohnung intensiviert. Das lief ziemlich genau eine Woche lang. Eine Woche in der zufällig, neben allen anderen Bekannten, auch meine beiden MitbewohnerInnen gleichzeitig verreist waren. In der Wohnung wurde es gänzlich unmöglich sich aufzuhalten. Ich versuchte zu schlafen, doch es ging nicht, es war als würde ich, wie vorher schon an anderen Orten außerhalb meiner Wohnung, in Cafés etwa, gegrillt von diesen Übergriffen auf meinen Körper: heftigste Kopfschmerzen, Übelkeit, ein unbeschreibliches körperliches Unwohlsein, so als würde eine Art Verzerrer den Körpertonus aus jedem natürlichen Rhythmus reißen, was alles sofort nachließ, wenn ich den Ort wechselte. Doch das holte mich ein. Ich versuchte mich auf das Sofa in der Küche zu legen, doch es dauerte nicht lang, bis das auch an diesem Ort wieder anfing. In der Wohnung über mir war seit Wochen ein Gewusel bemerkbar, nachdem andere Menschen dort einzogen oder die, die dort wohnten, ständigen Besuch bekamen. Ständiges Kommen und Gehen. Ich versuchte mich abzuschirmen gegen diese Übergriffe auf meinen Körper, doch das funktionierte nicht oder nur sehr schlecht. Ich rannte also wieder aus der Wohnung. Ich rief S an – den einstmaligen Patienten von M, der mir unter der Brücke zum Park am Roten Tor begegnet war –, dessen Telefonnummer ich mir geben ließ. Ich hatte die Hoffnung, er würde mir vielleicht etwas sagen können, mir helfen können, das aufzulösen. Ich fragte ihn, ob er in die Stadt kommen könne. Er sagte nein und beendet das Gespräch mit dem Satz: „Schöne Reise!“. Meine Wohnung war unbewohnbar. Ich ging also raus. Irgendwohin. Ich ging, bereits vollkommen erschöpft und übermüdet, Tage hatte ich bereits nicht geschlafen, in einen Club, der elektronische Musik spielt. Ich versuchte zu tanzen, doch ich war bereits viel zu erschöpft. Nach Hause konnte ich nicht. K., zu dem ich in dieser Zeit den einzigen kontinuierlichen freundschaftlichen Kontakt pflegte, war ebenfalls verreist. Ich blieb vielleicht ein paar Stunden in dem Club. Was sollte ich tun? Wohin sollte ich gehen? Es gab keinen Ort. Ich ging, um vielleicht dort ein wenig Ruhe zu finden, in den Siebentischwald. Es war bereits früher Morgen, es begann zu dämmern. Auch im Siebentischwald tauchte eine Gruppe von vielleicht 20 Menschen auf, die mich auch hier noch verfolgten. Sie liefen mir hinterher. Ich ging schneller, um ihnen zu entkommen. Es war bereits hell geworden, als sie von mir abließen. Ich setzte mich auf eine Bank an einem kleinen See. Ein Mensch, der zur Gruppe der Verfolger gehörte, und in seiner schwarzen Kleidung aus der Gruppe herausstach, tauchte am See auf, vielleicht hundert Meter von mir entfernt. Ich sollte Ihn ein paar Monate später noch einmal wiedersehen. Ich überlegte mir, als ich ihn an der angrenzenden rechten Seite des kleinen Sees sah, zu ihm zu gehen und ihn zu konfrontieren. Doch ich hatte keine Kraft mehr. Ich ging im frühsten Morgen zum Haus, in dem in einer WG meine Tochter wohnte. Ich setzte mich auf die Terrasse. Ich hatte den Eindruck, dass sie wissen müssten, was hier passiert. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass bei einer Aktion, von der offensichtlich wurde, dass Psychiater oder Psychologen daran beteiligt waren, die Mutter meiner Tochter nicht informiert würde. Ich saß dort, Johanna kam heraus. Sie fragte mich, was ich hier tue. Was sollte ich sagen? Ich suchte verzweifelt Hilfe. Doch vor was? Wie sollte man darüber sprechen? Sie sagte mir, dass ich mich melden soll, wenn es ganz arg wird. Ich verstand das als Hohn.
Seit Tagen nicht geschlafen, meine Wohnung schon lang kein Rückzugsraum mehr, bietet nun nicht einmal mehr die Möglichkeit ein paar Stunden Schlaf zu finden. Vom Rest des Tages weiß ich nichts mehr, ich weiß nur, dass ich verzweifelt einen Ausweg aus der Situation suchte. Überlegte nach Dresden zu meinem Vater zu fahren. Ich wusste, dass diese Leute mein System übernommen hatten, ich versuchte mit Ihnen zu kommunizieren. Ich schrieb irgendwohin, wir müssen reden, wir müssen reden!!! Doch es kam nicht dazu – ich ahnte nicht, dass es auch nach sieben Jahren nicht dazu gekommen sein würde. Ich überlegte mir nach Dresden zu fliehen, alle möglichen Fluchtpläne. Unendlich erschöpft kam die nächste Nacht. In der Wohnung das gleiche Spiel. In dieser Nacht kam es zur oben bereits erwähnten Herauslösung einer reinen Wachheit aus meinem Körper. Ich stand wie ein Blitz grell in der Küche, klirrte, wurde gegrillt. Ich war unendlich erschöpft. Ich muss schlafen, ich muss irgendwohin, um zu schlafen. Heftigste Todesangst. Doch schlafen war nicht mehr möglich. Selbst wenn ich einen Platz finden würde, denn ich war grell wach, auf Wachsein reduziertes Bewusstsein. Ich rannte zum Bahnhof, überlegte mir mich vor einen Zug zu werfen, um diesem Zustand zu entgehen. Diesem Zustand in der Kammer, in der weißen gleißenden Kammer schriller Wachheit in der äußersten Erschöpfung. Ich schleppte mich durch die Stadt. Es regnete, es war recht kühl. Alle Bekannten waren verreist bis auf eine: M. Mit M. hatte sich eine diskontinuierliche sexuelle Beziehung angebahnt. Ich ging also zu ihr. Es war bereits wieder in den frühen Morgenstunden. Es brannte noch Licht. Es war, als hätte sie auf mich gewartet. Sie öffnete die Tür, ich brach zusammen, wimmernd: „ich brauche Hilfe, ich werde verrückt“. Sie brachte mich in ein Zimmer, wo ein Bett stand. Ich schluchzte wie noch nie in meinem Leben. Ich krümmte mich unentwegt in dem Satz: „Ich wollte doch nur bei F (meiner juengsten Tochter) sein.“ Irgendwann kam P. Sie legte sich dazu, ich murmelte diesen Satz. Sie berührte mich, sprach irgendetwas zu mir, wie oh man, das ist so schlimm dich so zu sehen. Irgendwann endlich fiel ich in den Schlaf.